Tönning. Seit August vergangenen Jahres leitet Stephanie Heß (43) die Eider-Trenne-Schule in Tönning mit der Außenstelle in Friedrichstadt. Im Interview mit dem „Eider-Kurier“ spricht die gebürtige Dithmarscherin über die Zeit des Kennenlernens von Kollegium, Schülern und Eltern, die Bildungslandschaft Eiderstedts sowie Zukunftspläne.

Das erste Schulhalbjahr ist vorüber. Zeit, um eine Zwischenbilanz zu ziehen. Wie sieht Ihre Bilanz aus?

Zunächst einmal muss ich feststellen, dass die Monate recht schnell vergehen können. Ich bin selbst ein wenig überrascht, dass ich schon so lange im Amt sein soll. Zum jetzigen Zeitpunkt eine Bilanz zu ziehen, fällt mir nicht leicht, fühle ich mich doch immer noch im Stadium der Eingewöhnung und des Kennenlernens. Die Eider-Treene-Schule ist ein mit 870 Schülern recht großes Schulsystem, das dazu noch in zwei ehemals unabhängig voneinander gewachsenen Häusern untergebracht ist. Mir war es in den ersten Wochen und Monaten ein wesentliches Anliegen, dieses System kennen und verstehen zu lernen. Ich habe die ersten Wochen genutzt, um mit Elternschaft, Kollegium und Lernenden in Kontakt zu treten. Immer wieder habe ich Gelegenheiten wahrgenommen, um mit Eltern in Gespräch zu kommen, habe mir alle Kollegen im Unterricht angesehen und an möglichst vielen Fachbesprechungen teilgenommen. Auch wenn ich nicht behaupten möchte, dass ich „meine“ ETS gänzlich kenne, habe ich sie in dieser Zeit schon sehr gut kennen gelernt.

Was haben Sie von Ihrer neuen Tätigkeit erwartet?

Die Frage ist schwer zu beantworten. Das Aufgabenfeld ist sehr vielfältig und für ein Kollegium nur in Teilen einsehbar. So bezogen sich meine Erwartungen auch nur auf Teile meiner jetzigen Tätigkeit. Auf jeden Fall wurden mir durch meine Vorgängerin eine engagierte Elternschaft, ein motiviertes Kollegium und eine sehr angenehme Schülerschaft angepriesen. Bislang hat sich die mit dieser Ankündigung verbundene Erwartung voll erfüllt.

Nicht erwartet hatte ich hingegen, dass sich ein Arbeitstag in seinem Verlauf mitunter so wenig vorab planen lässt. Sicherlich gibt es terminliche Fixpunkte, an denen nicht gerüttelt wird – so zum Beispiel der eigene Unterricht. Doch gibt es Tage, an deren Ende ich das vorgesehene Arbeitspensum nicht annähernd absolviert habe, weil eine Reihe unvorhersehbarer Dinge drängten und keinen Aufschub duldeten.

Wie erleben Sie Tönning, Eiderstedt und insbesondere die Schullandschaft?

Das Wohl einer Schule hängt nicht allein von den Fähigkeiten der einzelnen Kollegen ab, sondern wird sehr stark durch materielle Rahmenbedingungen bestimmt. Die Stadt Tönning wird ihrer Verantwortung als Schulträger nach meinem bisherigen Kenntnisstand überaus gerecht, indem notwendige Investitionen selbstverständlich genehmigt werden. Im Gegenzug achten wir als Schule jedoch sehr genau darauf, verantwortungsvoll mit den bewilligten Geldern hauszuhalten. Es findet ein reger Austausch zwischen Schule und Schulträger statt. Bei der Tönninger Bevölkerung werden wir offensichtlich, besonders mit unserer im Aufbau befindlichen Oberstufe, zunehmend wahrgenommen. Durch die Profilklassen geplante und durchgeführte Veranstaltungen wie Themenabende werden von interessierten Bürgern besucht, die ein solches Angebot als Bereicherung des Stadtlebens empfinden.

Mit Unverständnis – und das sei mir als Zugezogene verziehen – begegnet ich den juristischen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der in Eiderstedt offensichtlich kritisch gesehenen Oberstufe der ETS. Ich sehe in dem Bildungsangebot, das die ETS seit dem Sommer 2014 machen kann, eine Stärkung der Bildung in Eiderstedt und dem südlichen Nordfriesland. Attraktive Bildungswege für den ländlichen Raum eröffnen zu können, müsste eigentlich für die gesamte Region ein wichtiges Anliegen sein. Doch wird die Entwicklung unserer Oberstufe augenscheinlich als Konkurrenz und nicht als Ergänzung der Schullandschaft angesehen. Ich persönlich setze im Sinne der Region jedoch lieber auf Kooperation statt auf Konkurrenz.

Wie sehen Ihre Zukunftspläne für die ETS aus?

Inhaltliche Veränderungspläne sind auf meiner persönlichen Agenda eng verbunden mit Überlegungen zur zeitlichen Abfolge einzelner Veränderungsprozesse. Ich möchte alle Veränderungen, so groß oder klein sie auch sein mögen, wohlüberlegt angehen, um deren Nachhaltigkeit sicherzustellen. In einem ohnehin durch Unruhe geprägten Bildungssystem gilt es, Verlässlichkeit und Konstanz in Einklang zu bringen mit notwendigen und wünschenswerten Entwicklungsprozessen an Schule. So steht es angesichts des enormen Wachstums unserer Schule zunächst an, interne Strukturen auszuprägen und zu festigen, die uns ermöglichen, mit den Herausforderungen, die an Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe gestellt werden, noch kreativer und kompetenter umzugehen. Ein zentraler Punkt ist die immer deutlicher zutage tretende Heterogenität der Lerngruppen. Die Anzahl der Schüler mit Förderstatus, also ehemalige Förderschulkinder, steigt stetig und fordert die Kollegen täglich aufs Neue. Im gleichen Moment, in dem das Förderkind angemessen unterrichtet wird, soll ein anderes Kind derart im Lernen begleitet werden, dass es später einmal das Abitur machen kann. Das lässt sich mit altbekannten Unterrichtskonzepten kaum bewerkstelligen, so dass wir als Schule Wege finden müssen, wie wir diesen Spagat zur Zufriedenheit aller leisten können.e