Eiderstedt. Susanne Dircks – ihr Name ist untrennbar mit dem Boßelsport in Schleswig-Holstein verbunden. Vor 46 Jahren half sie maßgeblich, den ersten Fruunsboßelverein in Uelvesbüll und Norderfriedrichskoog ins Leben zu rufen und hatte 26 Jahre lang den Vorsitz inne. Im Jahr 1979 gründete sie den Unterverband (UV) Nordfriesland, um alle inzwischen entstandenen Fruunsboßelvereine aus Eiderstedt und rund um Husum zu vereinen. Auch auf Landesebene strebte sie einen Zusammenschluss der Unterverbände an und es entstand 1997 der Verband der Schleswig-Holsteinischen Fruunsboßlerinnen (VSHF). In beiden Verbänden führte sie lange den Vorsitz und steht als Ehrenvorsitzende noch immer mit Rat und Tat zur Seite. Anlässlich des 80. Geburtstags von Susanne Dircks, die mittlerweile in Schobüll bei Husum lebt, haben Mitglieder des Vorstands des UV Nordfriesland ihre ehemaligen « Chefin » interviewt.

Susanne Dircks

Susanne Dircks

 

Was hat Dich nach Eiderstedt verschlagen ?

Ursprünglich komme ich aus Hamburg. Nach Uelvesbüll wurde ich 1965 als Junglehrerin an die zweiklassige Schule versetzt und unterrichtete dort bis zu deren Auflösung, in Uelvesbüll lernte ich meinen Mann Jann Dircks kennen, verliebte mich, heiratete und zog auf den Bauernhof nach Norderfriedrichskoog. Später unterrichtete ich in Oldenswort.

Wann bist du mit dem Boßeln zum ersten Mal in Kontakt gekommen?
Das war in Uelvesbüll, gegenüber von meiner Wohnung fand im Winter ein Feldkampf statt, war sehr interessant. Ich sah das erste Mal in meinem Leben einen Mann in einer langen Ünnerbüx. Später fuhr ich die Jungs aus der Schule zu Feldkämpfen, manchmal boßelte ich auch mit meiner Klasse im Sportunterricht am Deich.

Wie kam es, dass du den Boßelverein in Uelvesbüll/Norderfriedrichskoog mitgegründet hast?
Mein Mann Jann war damals Vorsitzender der Männer. Manche Frau hatte auch Lust zum Boßeln, es gab in den Nachbardörfern Manns- und Fruunsboßelvereine, wir entschieden uns 1975, im Jahr der Frau, einen reinen Fruunsboßelverein zu gründen und trafen uns am 5. Februar 1975 im Kirchspielskrug mit 18 Frauen und einigen Männern zur Gründungsversammlung.

Wie viele Jahre warst du Vorsitzende vom Verein und gleichzeitig vom Unterverband und VSHF?
Von 1975 bis 2001 war ich Vorsitzende des BV Uelvesbüll Norderfriedrichskoog, von 1976 bis 1979 war ich Landschaftssprecherin, von 1979 bis 2008 hatte ich den Posten der Vorsitzenden des Unterverbandes NF inne, von 1984 bis 1997 agierte ich als Sprecherin der SH Boßlerinnen und von 1997 bis 2008 war ich Vorsitzende des VSHF.

Wie weit war dein weitester Einzelwurf?
Als ich 1976 beim Landschaftsboßeln in Uelvesbüll einmal über 30 Meter warf, wollte ich das nicht glauben. „Susanne kann better schnacken as boßeln!“

Wenn Du an die Feldkämpfe denkst, dann denkst Du zuerst an?
Deich, Sonne, Wasser.

Was waren deine schönsten Erlebnisse und Erfolge als Vorsitzende auf Vereins-, UV- und VSHF-Ebene?
Da gibt es unendlich viele.Die nicht so positiven Begebenheiten während meiner Vorstandsarbeit habe ich längst vergessen, deshalb kann ich die Posten auch wärmstens empfehlen!

Wie hast du es geschafft, neben deinem Lehrerberuf, Kindererziehung, Landwirtschaft und dann das Boßeln im Verein, den Unterverband und den Landesverband aufzubauen?
Wenn man etwas gerne tut, es wichtig ist und man Freude daran hat, findet man immer Zeit. Die Tage haben so viele Stunden.

Wie und wann war deine erste Fahrt zu den Oldenburger Boßlern
1986 trafen wir uns mit den Boßlerinnen vom FKV in Norden und wurden bei der offiziellen Begrüßung nicht mal erwähnt. 1987 trafen wir die Oldenburger Boßlerinnen dann das erste Mal in St. Peter-Ording.

Gibt es Dinge über die Du Dich beim Boßeln geärgert hast?
In den ersten Jahren gab es den Fall, dass die Feldkämpfe lange bekannt waren und trotzdem lud eine Boßlerin für den Sonnabendnachmittag zum Kaffeeklatsch ein, so dass viele Frauen beim Kampf fehlten.

Wie hast du deinen Kindern und Enkelkindern das Boßeln vermittelt?
Für unsere Kinder war mein Mann Jann zuständig, der konnte das besser. Für unsere Enkel sorgen die Eltern.

Du hast Hauswirtschaft unterrichtet. Bist du eine leidenschaftliche Köchin?
Nein! Ich esse zwar sehr gerne, aber ich koche nur, wenn ich muss und musste. Hauswirtschaft unterrichten musste ich!

Hast du dir die plattdeutsche Sprache selbst beigebracht?
Opa Otto arbeitete als Schmied im Hamburger Hafen, da war Plattdeutsch die Umgangssprache, und weil ich in allen Ferien von klein an bei ihm war, verstand ich sie gut. In Uelvesbüll sprachen fast alle Plattdeutsch, einige Kinder lernten erst in der Schule Hochdeutsch, mein Spruch: „Lieber ein ordentliches Plattdeutsch, als ein schlechtes Hochdeutsch.“ Für die zweite Prüfung hatte ich eine Deutschstunde „Die Möbel in der Stube auf Hoch- und Plattdeutsch“ vorbereitet. Am Anfang lief alles gut, bis ein Schüler das „Ammerriek“ nannte. Beim Boßeln war es auf allen Veranstaltungen selbstverständlich, dass man Plattdeutsch sprach, für längere Reden stärkte ich mich immer mit einem Glas Cognac vorweg.

Aktiv versuchst du bis heute, Kindern, die plattdeutsche Sprache näherzubringen.
Einmal im Monat lädt das Nordsee-Congress-Centrum in Husum zu einer plattdeutschen Stunde „Versöök dat mol“ ein. Außerdem lese ich im Kindergarten vor und zu Weihnachten führen wir in Uelvesbüll ein plattdeutsches Weihnachtsstück auf. Seit einem Jahr gehe ich nicht mehr jede Woche in die Schule, sondern nur noch zu bestimmten Anlässen, wie beispielsweise „Schölers leest Platt“.

Wie viele Länder hast du bereist, dazu Reiseberichte und Fotos geschrieben und fotografiert?
Es sind 36 verschiedene Auslandsreisen, über jede Reise schreibe ich einen Bericht. Zwölf Bildberichte von den Reisen habe ich auf dem Computer, mehrere 1.000 Fotos in Alben

Wenn du heute geboren werden würdest, würdest du im Großen und Ganzen alles wieder so machen?
Ja! Ich freue mich, dass ich als „Kriegskind“ erleben durfte, dass alles immer besser wurde und es aufwärts ging und hoffe sehr, dass sich die Zeiten für unsere Kinder und Enkel bald bessern und die Zukunft positiv ist!!

Was wünscht du den Boßlerinnen für die Zukunft?
Möge weiterhin nicht nur der Wettkampfgedanke und das Siegen an erster Stelle stehen, sondern auch die Kameradschaft, das harmonische Miteinander und das Feiern einen großen Platz einnehmen.

„Bewahrt in euren Gedanken die Vergangenheit!
Gestaltet mit euren Ideen die Gegenwart!
Setzt mit euren Taten Zeichen für die Zukunft!“

Susanne Dircks