Küstenschützer wissen es schon lang: Auf Dauer baut man besser mit, als gegen die Natur. Diese Einschätzung ist Grundprinzip des von 2016 bis 2020 laufenden EU-Interreg-Projektes Building with Nature, an dem wissenschaftliche Forschungseinrichtungen und Fachbehörden in Norwegen, Schweden, Schottland, Dänemark, den Niederlanden, Belgien und Deutschland teilnehmen. Auf Einladung des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN.SH) trafen sich 32 internationale Experten in Husum.

„Sand ist ein Material, das sich schon von Natur aus bewegt und umlagert. Seitdem der Mensch durch Baggerungen und Spülschiffe die technischen Möglichkeiten hat, große Mengen Sand zu transportieren, setzt er dies an vielen Küsten für den Küstenschutz ein. In dem internationalen Projekt wollen wir mit unserem Teilprojekt Basewad (Balancing sediment deficit in the Wadden Sea) unser Knowhow aber auch unsere Fragen einbringen und von den Erfahrungen anderer Länder profitieren“, erklärt Birgit Matelski, Leiterin des Geschäftsbereichs Gewässerkunde und Vorarbeiten Küstenschutz des LKN.SH.

Zum Erhalt der Sylter Westküste wurde dort 1972 erstmalig Sand aufgespült, seit 1984 geschieht dies alljährlich. Nun geht es darum Erkenntnisse zu erlangen, ob und wie der an den Stränden und im Küstenvorfeld eingebrachte Sand auch dem Wattenmeer zugutekommen könnte, damit die Sedimentation im Wattenmeer mit dem erwarteten Meeresspiegelanstieg Schritt halten kann. Mit der Wattenmeerstrategie 2100 hatten Küsten- und Naturschützer dazu ein erstes Konzept entwickelt.

In diesem Jahr wurden bereits 700.000 Kubikmeter Sand auf die Sylter Strände gespült und Verluste des vergangenen Winters ausgeglichen. Das vor der Westerländer Küste liegende Sandriff wurde zudem seeseitig mit 260.000 Kubikmetern Sand verstärkt, damit sich die Wellen bei winterlichen Stürmen bereits dort brechen und mit verminderter Kraft auf die Strände treffen. Vor Westerland eingebrachter Sand ist besonders effizient, da er im Laufe der Zeit durch den Küstenlängstransport allen Strandabschnitten zu Gute kommt.

Zusätzlich werden zurzeit 400.000 Kubikmeter Sand vor Hörnum eingebracht. Er wird in den kommenden Jahren etwa vier Kilometer südwärts in das Vortrapptief verdriften und könnte dort in einigen Jahren für die auf Föhr geplanten Deichverstärkungen und Sandvorspülungen entnommen werden.

Um die Wattenmeerstrategie 2100 auf guter fachlicher Grundlage weiterzuentwickeln untersucht der LKN in Basewad, was mit diesem Material geschieht. Da der Weg einzelner Sandkörner nicht verfolgt werden kann, wird das Gebiet zwischen der Sylter Südspitze, dem Norden Amrums und dem Westen Föhrs jetzt noch intensiver dokumentiert als bisher. Schiffe werden das Relief des Meeresbodens südlich Sylts einschließlich des Vortrapptiefs dreimal jährlich vermessen. Der Gezeitenbereich wird jährlich durch Befliegungen laserbathymetrisch erfasst. Die dabei gewonnen Daten wird die Dienststelle der Bundesanstalt für Wasserbau in Hamburg zur Entwicklung eines mathematischen Wattenmeermodells nutzen, dem bei der Fortentwicklung der Wattenmeerstrategie 2100 künftig eine Schlüsselrolle zukommen soll.

Parallel zu den Vermessungen wird die biologische Besiedlung des Meeresbodens untersucht: Akustische Messungen mit modernen Sidescan-Sonargeräten erlauben Rückschlüssen auf die Oberflächenstruktur des Meeresbodens, Bodenproben sollen dies präzisieren.

Bei einer Exkursion nach Sylt zeigten sich die internationalen Experten von den dortigen Arbeiten beeindruckt. Der Niederländer Egon Baldal, Leiter des Building for Nature Projektes, erklärte: „Es ist toll, wenn sich internationale Experten so intensiv austauschen und bereit sind voneinander zu lernen. Jede Küste und jedes Gewässer hat seine Besonderheiten und doch lassen sich Parallelen finden, auf denen sich Diskussionen aufbauen können.“

Das Interreg-Projekt Building with Nature hat ein Gesamtvolumen von 6,8 Millionen Euro. Auf das schleswig-holsteinische Teilprojekt Basewad entfallen davon 750.000 Euro. Das Projekt wird von der EU während seiner vierjährigen Laufzeit zu 50 Prozent gefördert.