St. Peter-Ording. Es ist kaum zu glauben, dass diese junge Frau aus der Lüneburger Heide erst seit gut einem Jahr ihrer jüngst entdeckten Leidenschaft intensiver nachgeht: dem Fertigen von Steinzeug. Marie Kinscher hat Grafik-Design mit Auszeichnung studiert, doch es macht den Eindruck, als wenn sie diese Töpferarbeiten schon ein Leben lang herstellt. „Es ist ein tolles Gefühl, dass ich mit meinen Händen Gegenstände forme, die nicht nur gut aussehen sondern auch zum Gebrauch gedacht sind“, sagt die 33-Jährige. Ihre Keramikarbeiten präsentiert sie in der „Weingarage Sankt Peter Prost“ und im „Good Times Surfshop & Café Bar“ am alten Bahnhof in St. Peter-Ording. „Ich war ganz schön happy, als dort die ersten Teller, Tassen und Schüsseln verkauft wurden“, sagt die Wahl-St. Peteranerin, die Ende des vergangenen Jahres zusätzlich einen eigenen Online-Shop ins Netz stellte. Der Erfolg gibt ihr Recht – sie hat ein Auge für schöne Dinge, die auch anderen Menschen gut gefallen. Sie liebt die erdigen Naturtöne, aber sie experimentiert auch mit Pastelltönen, einem zarten Rosa oder Türkis. „Es ist faszinierend, wie die Farben nach dem Brand aussehen. Es ist immer wieder spannend, wenn die fertigen Sachen aus dem Ofen kommen“, sagt Marie Kinscher. Bis zu drei Wochen dauert es, inklusive der Trocknungszeit, bis sie diese spannenden Momente erleben darf.

Seit drei Jahren lebt und arbeitet Marie Kinscher in St. Peter-Ording. „Ich bin nach meinem Studium alleine aufgebrochen zu einer Weltreise“, sagt die kreative Linkshänderin. Sie arbeitete anfangs in den Vereinigten Staaten als Grafik-Designerin. Das wäre auch in den Ländern möglich gewesen, in denen sie die nächsten sieben Jahre verbringen sollte, doch mit der Zeit stellte sie fest, dass es einfacher ist, eine kreative Arbeit in einer Küche als Köchin zu bekommen als in der Grafik-Abteilung eines Unternehmens. Sie verrät: „Ich liebe es einfach, handwerklich tätig zu sein ohne Computer und die Menschen vor Ort kennenzulernen.“ Und so kochte sie zum Beispiel in Asien, Indonesien oder auf den Fidschi-Inseln. Sie hat viele Abenteuer erleben dürfen, eines davon war der zehntägige Segeltörn von Neuseeland nach Tasmanien. Sie sagt: „Ich hatte keinerlei Segelerfahrung, doch es waren zwei erfahrene Segler dabei. Oft wurden wir von Delfinen begleitet. Einmal sind wir angehalten und haben im 5.000-Meter tiefen Ozean geschwommen. Das war atemberaubend.“

In Australien lernte sie ihren künftigen Mann kennen. Der Chilene, Jorge Fuentealba (34), ist vor drei Jahren mit ihr in den Norden gezogen. „Wir wollten sesshaft werden und haben uns für diesen wunderschönen Ort an der Nordsee-Küste entschieden“, sagt die reiseerfahrene Frau. Sie verdient ihren Lebensunterhalt nach wie vor in einer Restaurant-Küche. Vor gut einem Jahr hatte sie coronabedingt etwas mehr Freizeit, und so beschäftigte sie sich intensiver mit der Töpferei. Mittlerweile arbeitet sie nur noch halbtags als Köchin, um so ihrer kunstvollen Arbeit intensiver nachgehen zu können. „Mitte letzten Jahres habe ich mir dann endlich einen eigenen Brennofen zugelegt“, sagt sie. Ihre Keramik ist spülmaschinenfest und für den täglichen Gebrauch geeignet. Sie arbeitet gern mit verschiedenen Tonarten, die von einem matten Weiß über einem hellen Grau bis hin zum tiefdunklen Braun gehalten sind. Sie hat sich der Aufbautechnik verschrieben und formt alle Gegenstände nur mit den Händen. „Das macht die Stücke so einzigartig und sie eignen sich hervorragend, um ein gutes Essen zu präsentieren“, schwärmt Marie Kinscher. Sie beschreibt ihre Arbeit mit den Naturprodukten als tollen Ausgleich, wobei sie für jedes einzelne Stück zuvor eine Zeichnung anfertigt. Jüngst entwarf sei einen minimalistischen, irgendwie knuffigen Löffel, der für Tee, Kaffee oder Gewürze geeignet ist. Nach dem ersten Brand sehen diese schon ganz gut aus, doch die fertigen Löffel erscheinen in ihrer Vollendung erst nach der Glasur und dem zweiten Brand bei über 1.200 Grad. Marie Kinscher freut sich schon auf das Ergebnis und sagt mit einem glücklichen Lächeln: „Ich kann es kaum erwarten.“ potterymarie.com

Text/Foto: Bärbel Sommer