Leserbrief von Jörn Kohlus

Seit wenigen Tagen wird in der Presse von Plänen zur Schließung des Tönninger Krankenhauses berichtet. Nur über die Presse erhielten offensichtlich die Vertreter der Stadt Tönning Informationen. Die Aussagen über die Wirtschaftlichkeit des Standortes sind uneindeutig, das wurde aus den Darlegungen von Bürgermeisterin Klömmer deutlich. Der Eindruck, dass kostenineffektive Bereiche an den Standort Tönning als „bad bank“ verlegt wurden, wurde nicht entkräftet. Landrat Harrsen, selbst im Aufsichtsrat, befürwortete trotzdem eine Schließung des Krankenhauses.
Die in der vollen Stadthalle versammelten Bürger waren irritiert und entrüstet, dass zwar Schulen, Kindergärten und Straßen nicht rein wirtschaftlich betrachtet werden, aber die Gesundheitsversorgung auch im Notfall wirtschaftlichem Gewinnstreben entsprechen muss.

Von einer potenziellen Neubürgerin Eiderstedts wurde berichtet, die die Nachricht von einer Krankenhausschließung abschreckte. Heute wissen wir darum, dass die Nähe zu Angehörigen und viele soziale Aspekte den Erfolg einer Behandlung mitbestimmen. Allein der wirtschaftliche Schaden einer Krankenhausschließung könnte die fraglichen Kosten des Erhalts bei weitem übertreffen.

Vor kaum zwei Wochen zeigte H. Kunz, Wissenschaftler und Soziologe am Nordfriisk Instituut in einer Vortragsreihe zur Geschichte Nordfrieslands auf, dass bereits in 15 Jahren aufgrund des demographischen Wandels das doppelte an Krankenhausbetten erforderlich sein wird. Ausgehend von der Erwartung einer sachgerechten zukunftsfähigen Politik fragte ein Bürger, wie diese Situation bei der Planung der Krankenhausschließung berücksichtigt worden seien. Landrat Harrsen beantwortete die Frage nicht, war offensichtlich nicht vorbereitet, sondern verwies darauf, dass die Bundesregierung eine Reduktion der Krankenhausbetten fordert. Gemurmel. Denn in solcher Realitätsferne liegt keine Entschuldigung, es macht die wachsende Distanz zwischen Bürgern und politischen Entscheidungen bedrohlich.

Ein anderer Bürger, Magistratsvertreter seit vielen Jahren, bat nach seiner Stellungnahme um Handzeichen für das Krankenhaus – dafür, aber nicht für ein fragwürdiges Management, flogen die Hände nach oben. Ein Arzt und Bürger hatte die Sammlung von Unterschriften vorbereitet.

Es war eine Tönninger Stadtversammlung, aber es ging um Eiderstedt und die Mitbürger im übrigen Nordfriesland. Dort gibt es viele Verwandte und Freunde. Man weiß, über vier Stunden brauchte es, bis der streitsame und kluge Bürgermeister von Hooge in der Klinik ankam. Frauen von den Inseln und wohl bald aus dem nördlichen Nordfriesland müssen zwei Wochen vorher in Richtung Kreißsaal aufbrechen – denn auf Föhr und bald in Niebüll wurden die Geburtenstationen eingespart. So führte es eine Tönninger Bürgerin zurückhalten an und fragte nicht, was mit einer Frau und Kind passiert, die unerwartet unkalkulierbar früh gebiert.

Alles blieb höflich und sachlich, nicht einmal wurde gefragt warum nach dem Desaster und zu später Reaktion die Geschäftsführung und Aufsichtsräte meinen nicht zurücktreten zu müssen. Nur leise kündigte sich in der Pause ein Brodeln an, es kann doch nicht sein, das unsere Vertreter weder dem Land noch Bund gegen das Scheinbein treten, dass beachtet wird, dass ein Kreis mit Inseln und gestreuter Bewohnerschaft anders zu überplanen ist.

 

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