Tönning. Armin Jeß ist Mitglied im Landesverband Eulen-Schutz in Schleswig-Holstein e. V., der aktuell rund 450 Förderer und aktive Helfer zählt. Gegründet wurde der Verband im Jahr 1981 zum Schutz der acht heimischen Eulenarten. Insbesondere sollte der Uhu, der bereits im 19. Jahrhundert in unserem Land ausgerottet worden war, durch die Auswilderung von Jungvögeln wieder angesiedelt werden. Dank des unermüdlichen Einsatzes des Verbandes, erfreut sich der „Gründungsvogel“ – und mit einer Flügelspannweite von 170 cm die größte bei uns lebende Eulenart – einer guten Prognose: Die schleswig-holsteinische Uhu-Population erhält sich inzwischen selbst und breitet sich sogar in die Nachbarregionen aus.

Der Diplom-Geograph Jeß ist sein Leben lang bereits im Umweltschutz tätig. Derzeit arbeitet er für den Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN.SH) in der Nationalparkverwaltung Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer in Tönning. Im dortigen Fachbereich Schutz und Entwicklungsplanung ist er für Genehmigungen, Nationalpark-Kuratorien und regionale Schutzkonzepte sowie als „Seehundjäger“ und Experte für Seehunde und Kegelrobben zuständig. Ehrenamtlich engagiert sich Armin Jeß unter anderem als Geschäftsführer im Heimatbund Landschaft Eiderstedt e. V. und als besagter Eulen-Gebietsbetreuer.

„Ich bin seit den 1980er Jahren Hobby-Ornithologe, also quasi seit meiner Jugendzeit vogelbegeistert. 1990 haben wir an unserer Schule, dem Nordsee Gymnasium in St. Peter-Ording, eine Umweltgruppe gegründet und uns um Eulen gekümmert. Daraus ist auch meine Tätigkeit als Gebietsverantwortlicher entstanden. Eulen sind sehr schöne und schützenswerte Vögel“, erklärt er. Rund 80 Nisthilfen für Schleiereulen und Steinkäuze werden von ihm jedes Jahr persönlich betreut. „Früher haben die Schleiereulen im Stall genistet, heute unterstützen wir sie mit künstlichen Angeboten.“ Die Tiere sind zugempfindlich, die 50 mal 50 Zentimeter großen und einen Meter langen Kästen verfügen über einen Windfang und einen „komfortablen“ Brutbereich. Sie müssen regelmäßig überprüft werden, gerade auch während der Brutzeit, ab und an ist auch eine Reinigung oder Reparatur fällig. Ein guter und vertrauensvoller Kontakt zu den Landwirten, die auf ihren Höfen oftmals als „Herbergseltern“ fungieren, ist dabei selbstverständlich.

Das Engagement für die Tiere ist von großem Enthusiasmus geprägt, denn die eher scheuen und gut getarnten „Kunden“ zu Gesicht zu bekommen, ist oft ein Glücksfall. Auch das Entdecken von Schlafplätzen ist eher dem Zufall geschuldet und stark abhängig von der Witterung, vom Nahrungsangebot und vom „gerade passenden“ Blick in die Baumkronen. Umso erfreuter war Armin Jeß, als sein Nationalparkamt-Kollege, Christian Wiedemann, ihm Mitte November 2017 von neun Waldohreulen berichtete, die sich gewissermaßen als Nachbarn der Verwaltung den Baumbestand und die Krähennester im Tönninger Schlosspark ausgesucht hätten. Im Laufe des Winters 2018/2019 konnten zwölf Tiere beobachtet werden.

„Es schien, als wenn es sich bei unserer außergewöhnlichen ornithologischen Beobachtung nur um einen lange übersehenen Schlafplatz der Waldohreulen handelte. Die Bildung von „Schlafgemeinschaften“ während des Winterhalbjahres ist charakteristisch für sie. Ab dem Spätherbst finden sich die Vögel in Gruppen zusammen und verbringen gemeinsam den Tagschlaf“, berichtet Armin Jeß und fährt fort, „Andere Themen waren jedoch wichtiger und unsere Entdeckung geriet in Vergessenheit. Bis zum vergangenen Sommer, als uns plötzlich zwei junge Waldohreulen aus dem Busch neben unserer Terrasse beim Mittagsessen zuschauten.“

Das anschließende „Monitoring“ ergab, womit keiner gerechnet hätte: Sechs Waldohreulen im Juni, 15 im September und sage und schreibe 49 im November. Damit befand sich im Tönninger Schlosspark der größte bekannte Waldohreulen-Schlafplatz in ganz Schleswig-Holstein. „Wir hatten insbesondere im letzten Jahr einen außerordentlich hohen Bestand an Feldmäusen, der Lieblingsbeute der Eulen. Bei den Schleiereulen haben wir aus 41 Bruten über 250 Jungvögel als Nachwuchs gezählt, elf Jungvögel in einem Nest war die beeindruckende Höchstzahl. Offensichtlich hatten auch die Tönninger Waldohreulen gerade im letzten Jahr einen sehr guten Bruterfolg“, berichtet der Fachmann.

Wie er bestätigt, sei die Balz der Waldohreulen im Tönninger Stadtpark in Gange und ab Mitte März erfolge die Eiablage. Das Gelege werde rund vier Wochen von den Altvögeln bebrütet. Die Jungvögel verlassen nach drei bis vier Wochen das Nest und werden, zunächst als „Ästlinge“ dann als Jungvögel, weiter von den Eltern betreut und mit Futter versorgt. Nach rund zehn Wochen sind die jungen Waldohreulen flügge. „Da das Weibchen alle zwei Tage ein Ei gelegt hat, sitzen die Jungen oft wie die Orgelpfeifen im Geäst, ein schöner Anblick. Wir werden unsere Nachbarn auf jeden Fall weiter im Auge behalten“, freut sich Armin Jeß.

Text/Foto: Raina Bossert