Eiderstedt. Auf einer Fenne bei Reimersbude liegt ein altes Stück Holz. Spaziergänger gehen achtlos daran vorbei. Ein dickes Stück Holz, das vor vielen 100 Jahren als stämmiger Baum den Nordfriesen in stürmischen Nächten Windschutz bot. Nichts Besonderes also, denkt der Betrachter. Nicht so der Wahl-Nordfriese Achim Schmacks. Er kehrt immer wieder zu seinem teilweise verkohlten Fundstück zurück, das da einfach so in der freien Landschaft liegt. Und irgendwann beschließt er, daraus mache ich etwas. Er sucht sich drei Helfer, die das verwitterte Unikat in seine Werkstatt bringen, denn alleine schafft er es nicht, dazu ist es einfach zu schwer. Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit des freischaffenden Künstlers. Erst einmal bearbeitet er die Oberfläche mit Bienenwachs, Stunde um Stunde, Tag für Tag. Dabei entdeckt er ein großes Astloch, das mit Zement gefüllt wurde. „Anfangs habe ich gedacht, dass dieser Baum vom Blitz getroffen wurde, doch dann habe ich festgestellt, dass dieses Stück Holz schon einmal als Baumaterial verwendet worden ist“, so Schmacks. Das ist das Spannende an seiner Arbeit, er verwandelt alte Gebrauchsgegenstände zu modernen Kunstobjekten, alte Dinge für die Nachwelt zu erhalten, das ist seine Motivation. „Ich mag einfach alles, was alt ist. In der heutigen Zeit wird viel zu viel weggeworfen und ich möchte mit meiner Kunst ein Zeichen setzten, dass auch das Alte wertvoll sein kann“, verrät Schmacks mit ernstem Unterton. Der Künstler ist zuversichtlich, dass zukünftig in der Gesellschaft die Umwelt und Ethik wieder eine große Rolle spielen werden. Seine Zuversicht schöpft er aus seiner Kunst und den vielen tollen Menschen um ihn herum.

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Vor zehn Jahren eröffnete der freischaffende Künstler Schmacks seine Kunstbude in Reimersbude/Witzwort. Es war ein kleiner abgetrennter Raum im ehemaligen Stallgebäude des St. Johannes-Hofs, einem stattlichen Gebäude aus dem Jahre 1867, in dem seit jeher Landwirtschaft betrieben wurde. „Ich war damals auf der Suche nach einem Haus auf dem Land“, erzählt der 50-Jährige. Die Kunstbude diente als Zweigstelle seiner Galerie in Düsseldorf, denn dort stellte er den Großteil seiner Werke aus und verkaufte seine Kunst in die weite Welt. „Doch meine Inspiration hole ich mir immer auf dem Land“, so Schmacks. So pendelte er die letzten Jahre zwischen seinem Atelier in Nordfriesland und seiner Galerie in Düsseldorf. Den Mittelpunkt in der Stadt am Rhein gibt es nicht mehr, die Galerie hat er im vergangenen Jahr, coronabedingt und schweren Herzens, schließen müssen. Doch wo sich eine Türe schließt, öffnet sich eine andere. Der Künstler entkernte das geräumige Stallgebäude in Reimersbude vollständig, die alten Mauern wurden saniert, die Wände weiß gestrichen und so entstand ein gewaltiger Raum für seine Kunst. Im Juni dieses Jahres öffnete er zum ersten Mal die Tür zu seiner neuen Kunsthalle und gleichzeitig feierte er das 25-jährige Jubiläum als freischaffender Künstler. „Schafft Landschaft“ ist der Titel seiner ersten Ausstellung, die im Beuys-Jahr 2021 begleitet wird durch eine Interaktion, als Hommage an den deutschen Aktionskünstler Joseph Heinrich Beuys (1921-1986).

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Die Landschaftsbilder von Schmacks sind schwarz. Nun mag es an Nordfriesland liegen, dass der Künstler mit den verschiedenen Schwarz- und Grautönen arbeitet, denn schon Theodor Storm schwärmte von der „Grauen Stadt am Meer“ oder aber es ist seine ganz spezielle Sicht der Dinge, man weiß es nicht. Doch seine Bilder sind ausdrucksstark und in jedem seiner hängenden Werke ist die Erde seiner Wahlheimat verarbeitet. „Ich male mit Schlick aus dem Wattenmeer, dieser wird von mir bearbeitet und veredelt“, verrät Schmacks. Seine Akzente sind Licht und Schatten, Mattigkeit und Glanz. Seine Kunst ist Ausdruck unserer Zeit, er stellt Fragen zu den Themen Mensch, Natur und Umwelt. Die Säulen seiner eigenwilligen Arbeiten bilden die Sicht auf die Vergangenheit oder ein Blick in die Zukunft. Den schwarzen Baumstamm von der Fenne hat er mit einem Anker in Szene gesetzt und dieses Kunstwerk ist ebenfalls in seiner Ausstellung im Juli und August in der Kunsthalle zu sehen. Bei der Frage nach dem Preis schmunzelt der Künstler: „Das kann einem echten Kunstliebhaber schon ein paar tausend Euro wert sein.“

Text/Fotos: Bärbel Sommer