Eiderstedt. Vor Kurzem hat Halke Lorenzen sein Buch „Bauerngärten der Eiderstedter Haubarge – Das Geheimnis hinter den Bäumen“ veröffentlicht. Der Autor ermöglicht mit seinem Werk den Blick hinter die von den Haubarg-Besitzern geöffneten Gartentore. Damit werden die mit viel Liebe gepflegten Kulturgüter der Region erstmals auch für Außenstehende erlebbar und aus sozial-ökonomischer, gestalterischer sowie garten-kulturhistorischer Sicht umfassend dargestellt.

Halke Lorenzen liebt Eiderstedt – und er liebt Haubarge. Und er hat eine Lebensgeschichte zu erzählen, die für ein eigenes Buch reicht. Seine Kindheit verlebte er auf der Wogemannsburg in Westerhever. Sein Großvater hatte das Anwesen 1932 gekauft. Er war in der Gemeinde Lehrer, Bürgermeister, Organist – und war Vater von 14 Kindern. Lorenzens Vater arbeitete zunächst beim Bauern, ging zur Wehrmacht und kam 1948 aus der Gefangenschaft zurück. Seine Mutter war Opernsängerin. Kennengelernt hatte sich das Paar in Berlin. Fünf Kinder wurden geboren. Halke Lorenzen, Jahrgang 1945, berichtet: „In der Nachkriegszeit haben auf der Wogemannsburg 20 Personen, einschließlich der Flüchtlinge, sich selbst versorgt. Schafe, Kühe und Schweine wurden gehalten, ihr Futter eingelagert, der Obst- und Gemüsegarten wurde gepflegt. Ich hatte mein eigenes kleines Gemüsebeet, fischte in der Graft, hab mir eine Baumhöhle gebaut und lebte dort wie im Paradies. Nach dem Tod meines Opas wurde das Anwesen verkauft, wir zogen in den Tümlauer Koog auf den Knoll.“

Der rege Betrieb am Hafen reizte den Jungen. Die Fischer verluden dort ihren Fang auf Lkws. Eines Tages rutschte er beim Spielen und bei ablaufender Flut ins Hafenbecken, zwischen zwei Boote. Kein Mensch war in Sicht. Halke Lorenzen kämpfte verzweifelt um sein Leben. Ein Nachbar war es, der den bewusstlosen Jungen an den Haaren aus dem Wasser zog und sein Leben rettete. „Es war ein Wunder. Niemand weiß, warum er an diesem Tag unbedingt früher von der Arbeit nach Hause wollte, urplötzlich vom Sofa aufsprang und zum Hafen rannte. Er konnte mich nicht gehört haben, denn es war stürmisch und ich war zu weit weg.“

Später zog die Familie in ein Siedlungshaus im Tümlauer Koog: „Das war für mich das Ende der Welt. Mein Vater arbeitete als Deicharbeiter. Wir lebten unter anderem von einer roten und einer schwarzen Kuh, deren Milch wir an die Meierei in Tating verkauften, einer Sau, Schafen und Federvieh.“ Zehn Jahre später folgte der Umzug nach St. Peter-Böhl in eine gepachtete Pension. Die Kinder wohnten im Schuppen, die Eltern in der Garage, Wohn- und Schlafzimmer wurden ausgeräumt und an Gäste vermietet. Das Vieh überlebte den Umzug nur kurz, da man ein Jahr später die Pension kaufte und komplett auf die Zimmervermietung umstellte.

Die Schule war für Halke Lorenzen nicht einfach. Sein Selbstbewusstsein holte er sich als bester Leistungssportler. Der naturverbundene junge Mann wollte Gartenarchitekt werden. Nach der Gärtnerlehre arbeitete er als Geselle in führenden Landschaftsgärtnereien. Auch in Hamburg im Botanischen Garten, bei Planten un Blomen und beim Gartenarchitekten Alfred Reich in München. Es folgte eine intensive Lebensphase, in der der künstlerisch begabte junge Mann als Aquarellmaler in München seinen Lebensunterhalt verdiente.

Dann studierte er Landschaftsarchitektur an der Kunsthochschule Kasse „Nach dem Studium sah der Arbeitsmarkt nicht rosig aus“, berichtet Halke Lorenzen. Er arbeitete zunächst in einer Zuckerrübenfabrik, dann als Technischer Zeichner. Im Jahr 1979 bekam er die Chance, die Bundesgartenschau in Kassel 1981 mit zu planen. Später wurde er Leiter des gartenkünstlerischen und gärtnerischen Bereichs der Gartenschau.

Seit dem Jahr 1986 hat Halke Lorenzen ein eigenes Planungsbüro für Orts- und Landespflege in Blomberg, Nordrhein-Westfalen, mit den Schwerpunkten städtebauliche Planungen, Dorfentwicklungsplanungen sowie Planung beziehungsweise Instandsetzung historischer Grün- und Parkanlagen.

2003 erwarb er mit seiner Familie den Haubarg in Stufhusen in Westerhever und hat ihn nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten saniert. In dieser Zeit hat Lorenzen seine Heimat, die Eiderstedter Kulturlandschaft, neu entdeckt und schreibt dazu spannende informationsreiche Bücher. „Die Erinnerung an den Haubarg-Garten auf der Wogemannsburg gibt mir ein Stück meines Kindheitsparadieses zurück. Gleichzeitig gingen mir viele Gedanken durch den Kopf: Wie sieht der Garten heute aus? Wie sehen die anderen noch vorhandenen Haubarg-Gärten auf den baumbestandenen Inseln in Eiderstedt aus? Diese Fragen haben mich neugierig gemacht. Und was lag für mich als Landschaftsarchitekten näher, wenn man auch noch die Kindheit in einem Haubarg-Garten verbracht hat, als irgendwann die Gärten der Haubarge auf Eiderstedt zu erkunden?“, so Lorenzen.

Die Buchbesprechung zur Veröffentlichung seines jüngsten Werkes am 30. August in Hoyerswort ist inzwischen ausgebucht. Halke Lorenzen bestätigt: „Es wird einen weiteren Termin geben, den wir rechtzeitig bekanntgeben werden.“