Wie können Naturthemen dabei helfen, den Urlaubsgästen am Wattenmeer-Nationalpark noch vielfältigere Angebote zu machen und touristische Einrichtungen im Winterhalbjahr besser auszulasten? Mehr als hundert Teilnehmer, die meisten Touristiker oder Naturschützer, bekamen dazu bei der 17. Fachtagung zu Natur und Tourismus im Schwabstedter Nationalpark-Partner Hotel zur Treene interessante Anregungen.

„Im Sommerhalbjahr, zur Weihnachtszeit und neuerdings auch zum Biikebrennen sind wir sehr gut ausgelastet. Seit zwei Jahren werben wir verstärkt für und mit nachhaltigen, qualitativ hochwertigen touristische Angeboten, die von Oktober bis April attraktiv sind“, sagt Frank Ketter, Geschäftsführer des Nordsee-Tourismus-Service GmbH (NTS). Weltweit wollen Urlauber ihre Reiseziele mehr als früher entdecken, erleben und erfahren, gern im Kontakt mit Einheimischen, weiß Ketter. Entsprechende Angebote würden bei Airbnb, dem weltweit führenden Marktplatz für Urlaubsunterkünfte, viel schneller gebucht als reine Unterkünfte. Und Airbnb reagiert darauf: Slow-Food-Safaris auf Galapagos, Zelten unter dem Polarlicht Schwedens oder mehrtägige Abenteuer in Berlin werden prominent beworben.

Anja Szczesinski vom World Wide Fund for Nature (WWF) in Husum zeigte, wie Norwegen, die Heimat der Wikinger, mit dem Spruch „Go Viking in the fjords“ für Urlaub in der dort dann besonders dunklen Jahreszeit wirbt und dabei Abenteurer und Entdecker anspricht. „Bewerben können wir das Winter-Watt auch schon ganz gut – aber bei konkreten Erlebnisangeboten ist noch Luft nach oben“, sagte sie, weshalb sie die Tagung unter das Motto „Hinein ins reizvolle Winterwatt“ gestellt hatte.

Johann Franzen und Walther Petersen-Andresen, zertifizierte Nationalparkwattführer aus Büsum und Dagebüll, berichteten von ihren Winterwattwanderungen, die sie vor einigen Jahren starteten. Zwar seien Wattwürmer dann tief im Wattboden und Krebse ziehen sich in die Nordsee zurück, im Watt seien aber mehr Vögel als im Juni zu beobachten. Beide kombinieren ihre Wattwanderungen mit Grünkohlessen – wodurch sie zu Ereignissen für alle Sinne werden. Perfekt werden die Winterwanderungen allerdings nur mit kältefester Ausrüstung, an der es oft mangelt. Ein Hinweis auf das Vadehavscentret in Vester Vedsted zeigte, wie das Problem in Dänemark gelöst wird: Im beheizten Lagerraum hängen dort viele Wathosen, die für Wattwanderungen verliehen werden.

Wie zeitgemäßer Naturtourismus andernorts aussieht, erläuterte der Biologe Leander Kihl, einer von elf Rangern der St. Martins Lodge am Nationalpark Neusiedler See. Ein Teil der 500 Gäste, die dort im 4-Sterne-Hotel Urlaub machen, nehmen die ganzjährig vielfältigen, wöchentlich wechselnden Tourangebote wahr, viele machen Exklusivtouren für ein bis zwei Personen. Die Salzlacke an der Lodge, wie das dortige Nebengewässer des Neusiedler Sees heißt, wurde renaturiert, eine Beringungsstation und stark nachgefragte, mietbare Verstecke zum Fotografieren von Vögeln wurden eingerichtet. Eine von den Rangern im August beringte und mit GPS-Sender ausgerüstete Brandgans zeigte übrigens einen Bezug zum Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer: Sie war auf dem Weg ins Mausergebiet in der Elbmündung.

Um die bestehenden naturkundlichen, kulturellen oder Nahverkehrs-Angebote in ihrer ganzen Fülle möglichst unkompliziert zu nutzen, bereitet die NTS die Einführung einer Nordseecard vor. Der Gast erhält sie automatisch vom Gastgeber, der dafür 3,90 Euro pro Nacht berechnet (Jugendliche 2,40 Euro). Dafür erhält der Gast kostenfreien Eintritt in vielen touristischen Einrichtungen, Museen und bei geführten Touren und kann den öffentlichen Nahverkehr weitgehend kostenlos nutzen. Wenn die seit langem vorbereitete Karte bis Ende Februar genügend Unterstützung erfährt und die so genannte kritische Masse erreicht, könnte sie Ende 2020 starten (mehr Infos unter www.nordseecard.com).

Die Fachtagung Natur und Tourismus wird alljährlich gemeinsam von der Nationalparkverwaltung, dem WWF, der Fachhochschule Westküste, dem Dithmarschen Tourismus und der NTS veranstaltet.

Quelle: LKN, Dithmarschen Tourismus e.V./photocompany