Eiderstedt/Dithmarschen. Sie heißen Amira, Firuz, Kalisha, Kamar, Leyla, Naima, Nur, Rahil, Samra und Wahida. Alle zusammen sind sie „Mahbanu“ (aus dem persischen: Mondfrau). Sie bilden einen Stamm, daher benutzen sie auch nur ihre Stammesnamen, wenn sie zusammen sind. Und sie tanzen. Sie tanzen, dass ihre weiten, bunten Röcke nur so fliegen und einen Blick auf die darunter getragenen Pluderhosen freigibt.

Sie tanzen barfuß, die Kostüme sind bunt und sie tragen jede Menge Schmuck, vorwiegend aus Silber oder Messing. Diesen Paschtunenschmuck, der aus Ringen, Armbändern, Ketten und auch Gürteln besteht, zieren bunte Glassteine, Quasten und Münzen. Der Schmuck ist weder zurückhaltend, noch leise. Er fällt sofort ins Auge und klimpert schon bei leichten Bewegungen. Und wenn sie tanzen, die Mondfrauen, dann ist das Klimpern des Schmucks stete Begleitung zur Musik und unterstreicht jede Bewegung ihrer Körper.

Die zehn Frauen mit den fremd klingenden Namen und den bunten Kostümen, die an Orient erinnern, kommen jedoch ganz und gar nicht aus fernen, fremden oder gar geheimnisvollen Ländern, sondern sie stammen aus Eiderstedt und Dithmarschen. Sie stehen mit beiden Beinen im Leben, haben Familie, unterschiedliche Berufe und selbstverständlich auch eigene Interessen.

Und doch eint sie eines: der Tanz im Tribalstyle. Tribal bedeutet Stamm, der Tribaltanz ist daher als Stammestanz aus gelegt. Er besteht aus orientalischen, indischen und spanischen Elementen. „Es ist eine Abwandlung des klassischen Bauchtanzes. In den 80er Jahren schwappte dieser Tanz aus den USA auch nach Europa herüber und setzte sich hier immer mehr durch“, so Mondfrau Kamar und erzählt, dass der Tribalstyle stets im Wandel ist. Seine Einflüsse können von überall her, alte Tanzstile werden neu interpretiert und Tanzstile vermischt. Immer gleich ist jedoch die Leidenschaft, mit der er getanzt wird.

Die Mondfrauen im Alter von 25 bis 64 Jahre treffen sich regelmäßig zum Training in einer Tönninger Schule. Einmal im Jahr verbringen sie ein Trainingswochenende in einem Eiderstedter Seminarhaus. Und wenn sie ihr wöchentliches Training eher in Trainingskleidung absolvieren, so sind sie am Trainingswochenende doch vollständig in ihrer Stammeskleidung anzutreffen, denn sie leben das ganze Wochenende zusammen, kochen und essen gemeinsam und vor allem wird viel getanzt und geprobt. Die komplette Stammes- bzw. Auftrittskleidung sorgt für das nötige Feeling und auch ihr Stammeszeichen (ein Halbmond mit zehn Punkten) auf der linken Wange fehlt dann nicht. „An solchen Probenwochenenden kommt jedoch auch die Geselligkeit nicht zu kurz“, erzählen die Mondfrauen, es wird viel gelacht, geschnackt und abends kommen Gesellschaftsspiele auf den Tisch.“ Es werden jedoch auch Termine besprochen, Choreographien ausgearbeitet und anstehende Auftritte besprochen, denn „Mahbanu“ kann man buchen. „Ob private Feiern, Stadtfeste, öffentliche Events oder Ähnliches, wir kommen gern und zeigen unseren Tanz“, erzählen sie und betonen, dass sie auch selbst orientalische Abende veranstalten. Einen Abend dieser Art planen sie für das kommende Jahr.

Auch auf Mittelaltermärktenist die Gruppe anzutreffen, zuletzt waren sie beim „Spektakulum Mulne“ in Mölln dabei. Dort lagerten sie in ihrem großen Zelt und traten mehrmals täglich auf. Die älteren der Mondfrauen tanzen seit mehr als 30 Jahren und haben ursprünglich mit dem Bauchtanz begonnen, in der die Weiblichkeit dominiert, der durchaus kokett angelegt ist, eher geschmeidig getanzt wird und manchmal etwas süßlich daherkommt, empfinden es die Mondfrauen.

Daher haben sie schnell erkannt, dass ihnen der Tanz im Tribalstyle mehr liegt. Und so wurde der Stamm „Mahbanu“ 2008 gegründet. „Der Tribal ist kraftvoll und dynamisch. Er wird stolz getanzt und ist erdig“, erzählt Kamar. Ihre Choreographien erarbeiten die Mondfrauen selbst. Es gibt jedoch durchaus festgelegte Bewegungskombinationen und abläufe, die international sind. Dieses ermöglicht Tribaltänzerinnen, spontan miteinander zu tanzen, da diese Abläufe von einer Vortänzerin durch Ques (Handzeichen oder Kopfnicken) gesteuert werden. So können Tanzgruppen auf Festivals oder ähnlichen Veranstaltungen miteinander tanzen, ohne dass sie dieses vorher jemals getan hät- ten. Der gemeinsame Tanz mag dann zwar aussehen wie ein- studiert, ist jedoch improvisiert.

Auch wenn der Tribalstyletanz fröhlich und leicht aussieht, so ist er doch eine körperliche Herausforderung, und zwar bis in die Fingerspitzen hinein. Und dass das in jedem Alter möglich ist, zeigt auch die Altersspanne von Mahbanu. „Unser unterschiedliches Alter macht den Charme unserer Gruppe aus“, finden die Mondfrauen und betonen, dass man Energie, Kraft und Lebensfreude in jedem Alter zeigen kann. Aber Übung gehört dazu, denn auch wenn es leicht aussieht, so ist es doch kräftezehrend und anstrengend.

Für ihr Kostüm ist jede Tänzerin selbst zuständig. Es ist eine Kombination aus Gekauftem und selbst Genähtem. Auch wird immer wieder Hand an das Kostüm gelegt, denn es gibt ständig etwas zu verbessern oder zu verändern. Die Musik, zu der die Eiderstedter Mondfrauen tanzen, kommt aus dem Balkan und Orient. Inspirationen holen sich die Mitglieder von Mahbanu gern auf Festivals oder auf Tribalmessen.

Ute Gieseler