Wer Vögel beobachten will, geht raus und kuckt. Aber welche Vögel kommen am jeweiligen Ort aktuell vor? Wüsste man es, könnte man gezielt Orte aufsuchen, an denen viele Vögel oder besondere Arten entdeckt wurden. An 22 besonders interessanten Beobachtungspunkten entlang des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer ist dies nun möglich: Einfach die von der Nationalparkverwaltung auf Informationstafeln und Beobachtungshütten angebrachten QR-Codes mit dem Smartphone scannen und schon sieht man, welche Vogelarten an diesem Ort zuletzt beobachtet wurden. Möglich macht dies Ornitho.de, Deutschlands großartige vogelkundliche Datenbank.

 

Im Rickelsbüller Koog, Hauke-Haien-Koog und im Beltringharder Koog sowie auf der Hamburger Hallig und im Katinger Watt hat Nationalparkranger Martin Kühn die quadratischen QR-Codes (QR steht für quick response) mit ihren charakteristischen schwarz-weißen Quadratmustern angebracht. Alle Beobachtungen, die dort im Umkreis von 1 bis 3,5 Kilometern in den beiden vergangen Wochen gemacht und bei Ornitho.de eingegeben wurden, werden sofort angezeigt.

 

„In Deutschland sind knapp 20.000 Vogelkundler bei Ornitho registriert, an unserer Nordseeküste etwa 300. Viele tragen ihre Beobachtungen inzwischen in die Datenbank ein. Wir wissen daher sehr genau und tagesaktuell, wo Arten in ungewöhnlicher Zahl oder seltene Arten auftreten. Wenn im Frühjahr die Zugvögel zu uns in den Norden kommen, ist das auf bei Ornitho.de wie eine Welle sichtbar. Und wir sind gewahrschaut, wenn sich beispielsweise ein Einflug skandinavischer Seidenschwänze ankündigt, wie es zurzeit der Fall ist“, schwärmt Martin Kühn.

 

Der ausgewiesene Ornithologe prüft als ehrenamtlicher Regionalkoordinator täglich, ob die zu Dutzenden für die Westküste eingehenden Beobachtungen plausibel sind. „Natürlich können sich Fehler einschleichen. Die Datenqualität ist aber insgesamt ausgesprochen hoch und besser als bei jeder anderen Tiergruppe“, ist Kühn überzeugt.

 

Die strukturiert gesammelten Daten erfreuen aber nicht nur Hobbyornithologen und Vogelfreunde. Diese Art „Citizen Science“, wie diese auf bürgerschaftlichem Engagement basierende Wissenschaft im englischen Sprachraum genannt wird, ist vielfach Grundlage des fachlichen Naturschutzes. Ornitho-Daten fließen beispielsweise beim Vertragsnaturschutz für Gänse ein oder zeigen in Zeiten der Vogelgrippe oder bei Ölunfällen das aktuelle Vorkommen großer Wasservogelbestände.

 

Die Einsicht und Auswertung der mehr als 22 Millionen Beobachtungen in Ornitho.de ist eigentlich denjenigen vorbehalten, die dort regelmäßig Beobachtungen melden. Der Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA), der die vogelkundliche Datenbank betreibt, hat Ornitho.de in Zusammenarbeit mit der Nationalparkverwaltung jetzt so angepasst, dass auch Vogelinteressierten, die keine Daten eingeben, eine automatisierte Abfrage für 22 Orte möglich ist. An Schleswig-Holsteins Nordseeküste erfolgt mit den QR-Schildchen nun der bundesweite erste Test, vogelkundliche Daten vor Ort und tagesaktuell zu präsentieren.

NL Ornithologe KÜHN

Ebenso mobil wie die Daten nutzbar sind, können sie auch eingegeben werden. Die kostenlose Android-App „NaturaList“ ermöglicht die komfortable Eingabe für alle Ornitho-Systeme in Europa direkt vom Beobachtungsort aus. Das ist auch offline möglich und nimmt nicht mehr Zeit in Anspruch nimmt, als das herkömmliche Notieren der Beobachtungen im Notizbuch.

 

Ornitho startete 2003 in der Schweiz und 2011 in Deutschland. Mittlerweile gibt es Ornitho-Portale auch in Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich, PolenKatalonien und dem Baskenland. Alle Systeme haben dieselbe Grundstruktur.

 

 

Standorte der QR-Codes:

  • Rickelsbüller Koog: Nationalpark Infopavillon, Beobachtungshütte an der Grenzstraße (2)
  • Hauke-Haien-Koog: Infotafeln an Parkplätzen und am Beobachtungsturm (5)
  • Hamburger Hallig: NABU Hütte auf dem Schafberg (1)
  • Beltringharder Koog: Beobachtungshütten und -turm sowie Infopavillons (8)
  • Katinger Watt: Beobachtungshütten und -turm, Lina-Hähnle-Haus, Geländer am Eidersperrwerk (6)

 

Fotos: Archiv/LKN.SH